"Ich bin nicht Asatru weil ich einen Hammer trage, ich trage einen Hammer weil ich Asatru bin"



 
Harbardsliod- Das Harbardslied
 
  • Thor kam von der Ostfahrt her an einen Sund; 
    jenseits stand der Fährmann mit dem Schiffe. 
    Thor rief:
    1 Wer ist der Gesell der Gesellen, der überm Sunde steht?
  • Harbard:
    2 Wer ist der Kerl der Kerle, der da kreischt überm Wasser?
  • Thor:
    3 Über den Sund fahr mich, so füttre ich dich morgen.
    Einen Korb hab ich auf dem Rücken, beßre Kost gibt es nicht
    Eh ich ausfuhr aß ich in Ruh
    Hering und Hafermus: davon hab ich noch genug.
  • Harbard :
    4 Allzuvorlaut rühmst du dein Frühmahl;
    Du weißt das Weitre nicht:
    Traurig ist dein Hauswesen, tot wird deine Mutter sein.
  • Thor:
    5 Das hör ich nun hier, was das Schlimmste scheint
    Jedem Mann, daß meine Mutter tot sei.
  • Harbard:
    6 Du hältst dich nicht, als hättest du guter Höfe drei:
    Barbeinig stehst du in Bettlersgewand,
    Nicht einmal Hosen hast du an.
  • Thor:
    7 Steure nur her die Eiche, die Stätte zeig ich dir,
    Doch wem gehört das Schiff, das du hütest am Land?
  • Harbard:
    8 Hildolf heißt er, der mich's zu halten bat,
    Der ratkluge Recke, der in Radsei-sund wohnt.
    Er widerriet mir, Strolche und Roßdiebe zu fahren:
    Nur ehrliche Leute und die mir lange kund sein.
    Sag deinen Namen, wenn du über den Sund willst.
  • Thor:
    9 Den sag ich dir frei, obgleich ich hier friedlos bin,
    Und all mein Geschlecht. Ich bin Odins Sohn,
    Meilis Bruder und Magnis Vater,
    Der Kräftiger der Götter; du kannst mit Thor hier sprechen.
    Ich habe zu fragen nun: wie heißest du?
  • Harbard:
    10 Harbard heiß ich,
    ich hehle den Namen selten.
  • Thor:
    11 Was solltest du ihn hehlen, wenn du schuldlos bist?
  • Harbard:
    12 Obschon ich nicht schuldlos bin, schütz ich mich doch leicht
    Vor einem wie du bist; mein Ende wüßt ich denn nah.
  • Thor:
    13 Es dünkt mich beschwerlich zu dir hinüber
    Durchs Wasser zu waten: und mein Gewand zu netzen;
    Sonst, Lotterbube, lohnt ich wahrlich
    Deinen Stachelreden, stünd ich überm Sund.
  • Harbard:
    14 Hier will ich stehen und dich erwarten.
    Du fandst wohl keinen dir härtern seit Hrungnirs Tod.
  • Thor:
    15 Des gedenkst du nun, daß ich mit Hrungnir stritt,
    Dem starkherzigen Riesen, dem von Stein das Haupt war;
    Doch ließ ich ihn stürzen, in Staub sinken.
    Was tatest du derweil, Harbard?
  • Harbard:
    16 Ich war bei Fiölwar fünf volle Winter
    Auf einem Eiland, das Allgrün heißt.
    Wir fochten und fällten die Feinde da,
    Versuchten manches und freiten Mädchen.
  • Thor:
    17 Wie ward es da
    mit euern Weibern?
  • Harbard:
    18 Wir hatten zierliche Weiber, wären sie zahmer gewesen;
    Wir hatten hübsche Weiber, wären sie uns holder gewesen.
    Aber Stricke wanden sie am Strand aus Sand,
    Gruben den Grund
    Aus tiefem Tal.
    Ich allein war allen überlegen mit List,
    Lag bei sieben Schwestern und genoß im Scherz ihre Gunst.
    Was tatest du derweil, Thor?
  • Thor:
    19 Ich tötete Thiassi, den übermütigen Riesen,
    Auf warf ich die Augen des Sohnes Ölwalts
    An den heitern Himmel:
    Die wurden meiner Werke größte Wahrzeichen,
    Allen Menschen sichtbar seitdem.
    Was tatest du derweil, Harbard?
  • Harbard:
    20 Allerlei Liebeskünste übt ich bei den Nachtreiterinnen,
    Die ich mit List ihren Männern entlockte.
    Ein harter Riese, halt ich, ist Hlebard gewesen:
    Er gab mir seine Wünschelrute, damit raubt ich ihm den Witz.
  • Thor:
    21 Gute Gabe galtst du mit üblem Lohn.
  • Harbard:
    22 Eine Eiche muß fallen, sonst fertigt man den Kahn nicht;
    Jeder sorgt für sich.
    Was tatest du derweil, Thor?
  • Thor:
    23 Ich war im Osten, überwand der Riesen
    Böswillige Bräute, da sie zum Berge gingen.
    Übermächtig würden die Riesen, wenn sie alle lebten,
    Mit den Menschen war es in Mitgard aus.
    Was tatest du derweil, Harbard?
  • Harbard:
    24 Ich war in Walland, des Kampfs zu warten,
    Verfeindete Fürsten, dem Frieden wehrend.
    Odin hat die Fürsten, die da fallen im Kampf,
    Thor hat der Thräle (Knechte) Geschlecht.
  • Thor:
    25 Unter die Asen teiltest du ungleich die Menschen,
    Hättest du der Wünsche Gewalt.
  • Harbard:
    26 Thor hat Macht genug, aber nicht Mut.
    Aus feiger Furcht fuhrst du in den Handschuh,
    Trautest nicht mehr Thor zu sein.
    Nicht wagtest du nur, so warst du in Not,
    Zu niesen noch zu furzen, daß es Fialar hörte.
  • Thor:
    27 Harbard, Schändlicher! Zu Hel schickt ich dich,
    Möcht ich über den Sund setzen.
  • Harbard:
    28 Was solltest du überm Sund,
    Was tatest du weiter, Thor?
    wo du nichts zu schaffen hast?
  • Thor:
    29 Ich war im Osten und wehrt einem Fluß;
    Da griffen Swarangs Söhne mich an.
    Sie schlugen mich mit Steinen und schadeten mir nicht.
    Sie mußten bald zuerst mich bitten um Frieden.
    Was tatest du derweil, Harbard?
  • Harbard:
    30 Ich war im Osten mit einer zu kosen,
    Spielte mit der Schneeweißen und sprach lange mit ihr.
    Ich erfreute die Goldschöne; der Scherz gefiel der Maid.
  • Thor:
    31 Da hattet ihr willige Weiber.
  • Harbard:
    32 Da hätt ich bedurft, Thor, deiner Hilfe,
    Die Schleierweiße zu entwenden.
  • Thor:
    33 Die hätt ich dir gewährt, wär dazu Zeit gewesen.
  • Harbard:
    34 Ich hätte dir auch vertraut; oder hättest du mich betrogen?
  • Thor:
    35 Bin ich denn ein Fersenzwicker wie ein alter Schuh im Frühjahr?
  • Harbard:
    36 Was tatest du weiter, Thor?
  • Thor:
    37 Berserkerbräute bändigt ich auf Hlesey:
    Das Ärgste hatten sie getrieben, betrogen alles Volk.
  • Harbard:
    38 Unrühmlich tatest du, Thor, daß du Weiber tötetest.
  • Thor:
    39 Wölfinnen waren es, Weiber kaum.
    Sie zerschellten mein Schiff, das ich auf Pfähle gestellt,
    Trotzten mir mit Eisenkeulen und vertrieben Thialfi.
    Was tatest du derweil, Harbard?
  • Harbard:
    40 Ich war beim Heere, das eben hierher
    Kriegsfahnen erhob den Speer zu färben.
  • Thor:
    41 Des gedenkst du nun,
    Wie du auszogst uns zur Überlast.
  • Harbard:
    42 Das büß ich dir gern mit goldnen Handringen
    Nach Schiedsrichterspruch, der uns versöhnen mag.
  • Thor:
    43 Woher hast du nur die Hohnreden all?
    Ich hörte niemals so höhnische.
  • Harbard:
    44 Von den alten Leuten lernt ich sie,
    Die in den Wäldern wohnen.
  • Thor:
    45 Du gibst den Gräbern zu guten Namen,
    Wenn du sie Wälder-Wohnungen nennst.
  • Harbard:
    46 So denk ich von der Art Dingen nun.
  • Thor:
    47 Deine Wortklugheit kommt dir noch übel,
    Wenn ich durchs Wasser wate.
    Lauter als ein Wolf wirst du aufschrein,
    Wenn ich dich mit dem Hammer haue.
  • Harbard:
    48 Sif hat einen Buhlen, du wirst ihn bei ihr finden:
    Der erfahre deine Kraft, das frommt dir mehr.
  • Thor:
    49 Du redest nach deines Mundes Rat, nur recht mich zu kränken.
    Verworfner Wicht! Ich weiß, daß du lügst.
  • Harbard:
    50 Und ich sage, so ist's! Säumig betreibst du die Fahrt.
    Schon wärst du weit, Thor, wenn du verwandelt fuhrst.
  • Thor:
    51 Harbard, Schändlicher! Du hast mich hier so lang verweilt.
  • Harbard:
    52 Dem Asathor, wähnt ich, wehrte so leicht nicht
    Ein Viehhirt die Fahrt.
  • Thor:
    53 Einen Rat will ich dir raten; rudre die Fähre hierher.
    Hab ein Ende der Hader! Hole den Vater Magnis.
  • Harbard:
    54 Fahr nur weg vom Sund, verweigert bleibt dir die Fahrt.
  • Thor:
    55 Weise mir nur den Weg, willst du mich nicht
    Über den Sund setzen.
  • Harbard:
    56 Geringes verlangst du, doch lang ist der Weg:
    Eine Stunde zum Stocke, zum Stein eine andre.
    Den linken Weg wähle bis du Werland erreichst.
    Da trifft Fiörgyn Thor ihren Sohn:
    Die wird ihm der Verwandten Wege zeigen
    Zu Odins Land.
  • Thor:
    57 Komm ich heute noch hin?
  • Harbard:
    58 Du erreichst es mit Eil bei noch obenstehender Sonne,
    Wenn ich erst von dannen ging.
  • Thor:
    59 Kurz wird noch unser Gespräch, da du nur spöttisch sprichst.
    Die verweigerte Überfahrt lohn ich ein andermal.
  • Harbard:
    60 Fahr immer zu in übler Geister Gewalt!